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AutorenbildTanja Mäder

Frauen in der Sportwissenschaft und der Medizin - wir sind keine kleinen Männer


Frauen an einer Demonstration, die Schilder für mehr Wissenschaft in die Luft halten
Photo by Vlad Tchompalov on Unsplash

Es war Dienstagabend. In unserem Kurs "Female Performance Coach" (zyklusbasiertes Training und Ernährung) ging es um die Krankheitsbilder PCOS und Endometriose.

Wir lernten, dass bei PCOS ein Testosteronüberschuss bestehen kann. Im nächsten Satz hiess es, dass das Nahrungsergänzungsmittel "Ashwagandha" hier in Studien einen guten Linderungseffekt erzielt hat. "Aber Moment mal", meine Hand war schon oben. "Ist es nicht so, dass Ashwagandha die Testosteronlevel im Körper erhöhen kann?"


Meine Dozentin musste schmunzeln. Diese Frage ist scheinbar nicht neu. Die Antwort, die sie mir gab, war hingegen leider schon. "Tanja, die Studien mit Ashwagandha wurden alle an Männern gemacht. Wir sind uns nicht sicher, wie es sich auf den Testosteronspiegel der Frauen auswirkt. Hier heisst es wohl ausprobieren."


Das erinnerte mich nur zu gut an einen Ted-Talk, den ich vor einigen Monaten gesehen habe und der mich dazu veranlasst hat, die Ausbildung zum zyklusbasierten Training überhaupt zu machen.


 

Die Problematik in der Gender-Wissenschaft


"Women are not small men" – "Frauen sind keine kleinen Männer". Das sagt Dr. Stacy Sims, Wissenschaftlerin, Sportphysiologin und Ernährungsberaterin und präsente Stimme, wenn es um Frauen und Sportwissenschaft geht. Ihr Ted Talk mit dem gleichen Titel "Women are not small Men" greift genau das Thema der Ungleichheit in der Wissenschaft zwischen Frauen und Männern auf. Sie erklärt in ihrem Buch "Roar", wieso wir Frauen anders ticken und wie wir optimal mit unserem Zyklus arbeiten.


Soweit so gut. Wir Frauen müssen ein wenig anders trainieren und essen, um Training und Recovery optimal zu gestalten. Man könnte argumentieren, dass das nicht ganz so problematisch ist.


Leider reicht die Problematik der fehlenden Daten über den weiblichen Körper aber auch weit in die Medizin hinein und führt dazu, dass Frauen teilweise fehldiagnostiziert werden und/oder nicht die adäquate Fürsorge bekommen, die sie benötigen. Das reicht von Fehldiagnosen bis hin zu suboptimalen Medikamenten und Fehlinterpretationen, z. B. bei Anzeichen eines Herzinfarkts.


Heute hat sich die Lage in der Medizin etwas verbessert. Dennoch machen Studien an Frauen auch heute erst ca. 20 bis 30 Prozent aus. In der Sportwissenschaft liegt der weibliche Anteil zwar etwas höher bei 30 bis 40 Prozent, allerdings betrifft das nur die Versuchspersonen, und es wird kein Geschlechtervergleich hergestellt. Somit sind diese für uns Frauen kaum brauchbar – denn unsere Hormone und deren Einfluss auf unsere Performance und Regeneration werden hier nicht berücksichtigt. Aber genau hier gibt es riesige Unterschiede.


 

Die Problematik der Frauen als Wissenschaftssubjekte


Die kaum vorhandene Repräsentation der Frauen im Zusammenhang mit ihren hormonellen Unterschieden in Studien lässt sich dadurch erklären, dass Frauen im Sport früher nur einen kleinen Anteil ausgemacht haben. Im Jahr 1996 waren bei den Olympischen Spielen nur 30 Prozent der Teilnehmenden weiblich. 2024 waren es schon gut die Hälfte. Ausserdem sind die Entscheidungstragenden in Führungspositionen und die Trainer häufig männlich und bestimmen, was wie gefördert wird.


Dazu kommt: Studien an Frauen sind kostspielig und komplex. Da unser Zyklus grossen hormonellen Schwankungen unterliegt, sind wir schwieriger zu studieren als Männer, die einen 24h-Zyklus haben, der meist ähnlich bleibt.


Heute setzen sich viele Sportler*innen und Wissenschaftler*innen dafür ein, mehr Studien und Resultate spezifisch für Frauen zu finden.

 


Was die Wissenschaft bisher herausgefunden hat


Ich habe in meinem Blogartikel "Der weibliche Zyklus im Kampfsport" bereits viele Dinge thematisiert. Du kannst diese hier nachlesen.


Wir Frauen sind scheinbar den Männern auch in gewissen Sportarten überlegen. Kampfsport gehört hier leider nicht dazu, aber wir sind in der Regel ausdauernder und erzielen bessere Resultate in langen Läufen. Ausserdem kommen wir besser klar mit Sport in feuchten Klimas. In trockener Hitze hingegen haben wieder die Männer die Oberhand.


 

Frauen im Sport – was heisst das für uns?


Die Situation verbessert sich, dennoch hinken Ergebnisse an Frauen in verschiedenen Wissenschaften noch hinterher. Was heisst das jetzt für uns?


Wichtig finde ich als Trainerin, dass wir verstehen, dass nicht alles für uns geeignet ist. Intervallfasten, Low Carb, High Intensity, das anabolische Fenster – all das sind Themen, die Frauen anders angehen sollten als Männer. Eben weil es bei uns eine Rolle spielt, welche Hormone gerade die Überhand haben. Was für jeden aktiven Athleten gilt, gilt für uns noch mehr: Glaubt nicht alles, was ihr lest, probiert für euch aus, was funktioniert.


Wenn du eine Frau bist, kann ich dir nur empfehlen, mehr über deinen Zyklus im Zusammenhang mit Sport und Ernährung zu lernen. Ich werde gerne weiter über dieses Thema berichten.


Aber Achtung: Wenn du hormonell verhütest, ist die Lage wieder anders. Mehr dazu ein anderes Mal.

 

 

Quellen:

 

 

 

Ted Talk "Women are not small Men":

 

 

Buch "Roar" von Dr. Stacy Sims

 

Weiterbildung "Female Performance Coach" der Deutschen Sportakademie

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