Warum es ok ist, kein klares Ziel im Training zu haben
- Tanja Mäder
- 15. Sept.
- 6 Min. Lesezeit

Dieser Beitrag wird einige von euch triggern.
Da bin ich mir sicher.
So oder so, ich bitte dich, den gesamten Artikel zu lesen, bevor du dir eine Meinung machst. Denn wie so oft, hat die Wahrheit gewisse Nuancen, die man beachten soll.
Also hol' deinen Schnorchel.
Wir tauchen direkt ins Thema ein.
Wieso setzen wir uns Ziele im Training?
Als Personal Trainerin scheint man seine Aufgabe nur richtig zu machen, wenn man mit jedem Kunden ein genaues Ziel definiert. Also wann du was erreicht haben willst, so richtig schön nach der SMART-Formel. Die ich übrigens super finde, wie du hier nachlesen kannst.
Ich stimme dem Statement nicht zu, dass jeder Kunde ein klares Ziel braucht.
Denn es gibt viele Menschen, die einfach "fitter werden" oder "fit bleiben" wollen. Was in sich ein Ziel ist. Ein gutes Ziel, ich würde sogar behaupten, eines der besten Ziele überhaupt. Denn kurzfristig fit zu sein ist leicht. Es ein Leben lang zu bleiben hingegen, nicht.
Jetzt kann man argumentieren, dass man auch aus einem Ziel wie "fit bleiben" eine SMART-Formel ableiten kann. Kann man. Aber nach meiner Erfahrung ist es in der Praxis so, dass
A) Kunden sich hier teilweise abgeschreckt fühlen
Und
B) Sich der Plan immer wieder ändert. Und gute Trainer*innen wissen und reagieren auf das.
Also, wieso setzen wir uns überhaupt Ziele im Training? Weil sie uns helfen, dran zu bleiben. Sie geben uns einen klaren Plan und eine klare Kontrolle, ob unsere Rechnung aufgegangen ist. Ob sich unser Investment gelohnt hat und ob wir Anpassungen vornehmen sollen.
Und ich bin absolut der Meinung, dass es keinen Sinn macht, ins Blaue hinein zu trainieren.
Und wenn du einen Wettkampf vor dir hast, brauchst du absolut einen Plan und ein klares Ziel mit SMART-Formel. Nochmals, hier findest du mehr dazu.
Ziele sind unnötig?
Was ist damit sagen will: Ziele sind keinesfalls unnötig. Sie sind wichtig.
Wieso also der Titel "Warum es ok ist, kein klares Ziel im Training zu haben"?
Weil dir viele einreden werden, dass es unumgänglich ist, ein klares Ziel und einen klaren Plan zu formulieren. Und das ist schlichtweg nicht wahr. Denn ich sehe, dass gerade hier viele Menschen scheitern. Sie setzen die Ziele zu klar. Zum Beispiel sagen sie sich:
"Ich werde in drei Monaten meinen Ruhepuls unter 60 Schläge bringen und wieder in meine Lieblingshose passen indem ich zweimal die Woche 20min joggen gehe und einmal die Woche ein Ganzkörperworkout im Gym mache."
Ein gutes SMART Ziel.
Aber lass mich dich etwas fragen:
Was tust du, wenn das Leben dir in die Quere kommt?
(Du bist Mama, Papa, du musst Überstunden machen, du bist krank oder verletzt, du hast schlichtweg die Energie nicht für alles etc.)
Hier versagen die meisten Ziele. Denn das Leben wird dir in die Quere kommen. Du bist keine Maschine, die jeden Tag gleich viel Energie in eine Sache stecken kann. Auf dem Papier sieht so ein Plan super aus. In der Realität, funktioniert dieser nicht immer. Und was passiert dann? Du fühlst dich, als hättest du versagt, wenn du das Training nicht einhalten kannst.
Eine andere Frage an dich:
Was tust du, nach drei Monaten? Wenn du dein Ziel erreicht hast?
Klar, jetzt wäre es Zeit für ein neues Ziel, um den neuen Status-Quo aufrechtzuerhalten. Fair. So soll es sein. Aber sei ehrlich, wie lange ziehst du das durch? Wie lange kontrollierst du deinen Ruhepuls? Und wann kommt der Punkt an dem du anfängst die Motivation zu verlieren? Denn wenn du keinen Wettkampf vor dir hast und niemandem Rechenschaft ablegen musst, wird es schwer, jede Woche dasselbe Programm abzuspulen.
Wenn es für dich funktioniert, all good! Bleib dabei, klicke den Blog weg und lebe dein Leben.
Aber ich glaube hier lassen die meisten Menschen nach.
Vor Allem, wenn kein Trainer mehr hinter dir steht.
Wann es ok ist, kein klares Ziel im Training zu haben
Also, wenn ich sage "es ist ok, kein klares Ziel im Training zu haben" meine ich damit nicht, dass du einfach mal irgendetwas oder noch schlimmer – gar nichts machen solltest.
Ich meine aber damit, dass du es dir erlaubst, flexibler zu werden. Auf gewisse Situationen im Moment zu reagieren. Also ein Ziel zu haben, aber es darf ruhig sehr allgemein sein wie z.B. "fitter werden". Und dann machst du dir einen Plan. Aber eben einen, der deinen Alltag und dessen Challenges miteinbezieht.
Jetzt versuche mal, einen Plan auf Papier zu bringen, der alle Situationen abdeckt.
"Ich werde jede Woche zweimal Joggen gehen oder einmal 30min schwimmen oder wenn ich keine Zeit habe mache ich 10 Minuten HIIT oder dann eben nächste Woche zwei Sessions..."
Verstehst du, was ich meine?
Wenn ich mit Kunden trainiere mache ich keine glasklaren Ziele ab, ausser wie gesagt, es geht um einen Wettkampf. Denn als Trainerin liegt es auch an mir, sie zu evaluieren und mit ihnen zu besprechen, was sie meiner Meinung nach verbessern sollten für mehr Lebensqualität. Dafür brauchen wir keinen ausgeklügelten Plan, sondern ein paar Aktionen um dies und das zu verbessern, so wie es im Moment in die Situation passt.
So lässt sich ein aktiver und gesunder Lebensstil viel besser in den Alltag integrieren und hält auch langfristig. Und dies variiert von Mensch zu Mensch.
Also zum Beispiel klingt dass dann so:
"Wie beide trainieren einmal die Woche und einmal gehst du ins Gym für Muskelaufbau, damit du fit bleibst."
That's it.
Denn ich kann im gemeinsamen Training darauf achten, an was mein Kunde arbeiten muss. Ich mache den Plan.
"Aber Tanja, nicht jeder kann sich Personal Training leisten"
Ist klar. Also sei dein eigener Trainer und bleib flexibel. Ein Beispiel:
"Um fitter zu werden gehe ich zweimal die Woche raus und mache an zwei Tagen Krafttraining"
Das ist auch ein Ziel. Aber kein "klares".
Und ich glaube, so ist es besser, weil du selber entscheiden kannst, was du tust wenn du raus gehst. Vielleicht hast du mal mehr Energie und machst Sprintsessions. Diese haben auch den Vorteil, dass du in kurzer Zeit viel machen kannst. Oder aber du bist müde oder hast noch übermässigen Muskelkater und gehst 45min spazieren. Oder du nimmst dein Bike und machst eine Tour.
Vielleicht machst du dein Krafttraining im Gym.
Oder du hast wenig Motivation und machst zu Hause Bodyweight Training ohne Equipment und schaust Netflix dazu. Einer meiner Hacks, wenn meine Motivation versagt, hier kannst du ein paar Tipps nachlesen, wenn du gar keinen Bock auf Training hast.
Oder deine Kids wuseln herum und du musst kurzfristig umdenken. Spiele eine Runde Fussball oder fangen im Garten. Mit so richtig viel Einsatz. Unterbreche das gemeinsame Spiel mit Liegestütze oder Squats, die meisten Kids machen begeistert mit.
Diese Methode funktioniert für die meisten Menschen besser. Der Haken daran ist aber, dass man mit sich selbst sehr ehrlich sein muss und sich selbst Rechenschaft ablegen muss. Aber: Ein halber Plan, den du immer durchziehst ist besser als jeder 100% Plan, den du nach ein paar Wochen oder Monaten vernachlässigst.
Wann ein klares Ziel angebracht ist
Wettkampf? All in!
Wenn du ganz klar z.B. einen Kampf gewinnen oder in einer Leichtathletikrangliste deinen Namen ganz oben sehen willst. Wenn du einen Marathon läufst oder die beste werden willst – klarer Plan, klares Ziel.
Auch wenn du verletzt warst oder bist und gezielt wieder aufbauen musst. Hier musst du Vollgas geben und mit einem klaren Plan und Ziel arbeiten. Es lohnt sich.
Wenn du aber an einem Punkt im Leben bist, wo du einfach gesund und aktiv bleiben willst, lass die klare und vollumfänglich definierte Zielsetzung und Planung lieber weg. Fühl' dich frei, damit zu experimentieren, aber bleib flexibel in der Umsetzung. Meiner Meinung nach ist das viel nachhaltiger.
Was meinst du dazu?
Deine Tanja ❤
Cert. Female Performance Coach
Cert. Personal Trainer
Mental Coach
Mental Coach




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