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Ich bin zu alt zum Kämpfen


Tanja Mäder puncht zur Kamera mit blauen Boxbandagen
Tanja Mäder / Picture by Jörg Schmitz / Insta: @joerg.schmitz.photography

"Ich würde gerne mal im Ring kämpfen, aber ich bin schon fast zu alt.", sagt sie zu mir.

 

Ich schaue sie skeptisch an. Sie sieht noch sehr jung aus. "Wie alt bist du denn?", wage ich zu fragen. "Ich bin fast 30-ig. 28 Jahre alt, um genau zu sein." Jetzt bin ich nicht sicher, ob ich weinen oder lachen soll. Besonders, weil ich eine ähnliche Konversation vor einigen Monaten mit einer 31-jährigen hatte.

 

Als ich das erste Mal in den Ring stieg, war ich 34ig. Eine Spätzünderin, denn ich habe erst mit 25ig überhaupt mit Kampfkunst angefangen und bin später in den Kampfsport gewechselt.

 

Es geht mir nicht darum zu sagen "Kuck wie toll ich das gemacht habe blablabla…" überhaupt nicht. Ich wünschte manchmal, ich hätte früher angefangen. Aber es ist, wie es ist.

 

Aber ich möchte dir gerne meine Sicht auf dieses Thema geben.

 

 

"Zu alt" - Ein Mythos?

 

Gibt es ein Alter, in dem du nicht mehr unbedingt im Ring kämpfen sollst? Vermutlich. Es ist kein Geheimnis, dass Kämpfe und intensive Sparring Sessions deinem Körper und besonders deinem Kopf keinen Gefallen tun. Und je länger du dich dem aussetzt, desto schlimmer können die Folgen sein. Auch steckt man in jungen Jahren Verletzungen in der Regel leichter weg. Ich denke also nicht, dass das ein Mythos ist. Aber ich glaube, wir müssen die Gesamtheit des Ganzen erfassen.


 

Wieso viele Veranstalter ab 40ig Schluss machen

 

Hast du dich je gefragt, wieso gewisse Veranstalter Kämpfer*innen nur bis zu einem gewissen Alter zulassen? "Swiss Boxing" zum Beispiel lässt Athlet*innen nur bis zu einem Alter von 40-ig Jahren kämpfen. In der Kickboxing Organisation "WAKO" kannst du bis zu einem Alter von 45 Jahren antreten.

 

In der Regel geht es im Sport vor Allem um eins: Die Verletzungsgefahr. Denn du kannst die Natur eine b**ch nennen so viel du willst, wenn du älter wirst, nimmt deine körperliche Resilienz ab. Ebenso deine Fähigkeit, sich zu regenerieren. Ob wir das hören wollen, oder nicht.

 

Im Kampfsport, und vor Allem im Boxsport tun wir sowieso etwas, was uns ganz schön mitnimmt: Schläge auf den Kopf.

"Chronisch traumatische Enzephalopathie", kurz, CTE genannt, ist kein Spass. Meine Podcastfolge in englisch über CTE findest du hier: https://open.spotify.com/episode/69WK5jeTE6kB3qeb3itM2f?si=18949642dbc94646

Kurz gesagt: Deine motorischen Fähigkeiten werden bei CTE immer schlechter, es kann zu schweren psychischen Problemen sowie Demenz und Sprachdefiziten kommen, um nur einige der Symptome zu nennen.

 

Kein Spass also.

 

Denn wo gezerrte Bänder oder ein Cut unter dem Auge oder eine gebrochene Rippe sich wieder zusammensetzen lassen, ist so ein Hirntrauma der Endgegner der Verletzungen. Und dieser Endgegner gewinnt. Immer.

Game over für dein Innenleben.

 

Deshalb machen viele Veranstalter ab einem gewissen Alter schluss mit Wettkämpfen.

 

 

Wieso denn überhaupt kämpfen?

 

Wieso kämpfen wir denn überhaupt? Ich weiss nicht. Sag du's mir.

 

Als Kampfsportler oder Kampfsportlerin kennst du das Gefühl, dass die dieser Sport geben kann. Diese rauhe Art, sich zu bewegen. Die Faszination, deinen Körper quasi als Waffe nutzen zu können. Der Flow, wenn du im Sparring bist. Dieses Gefühl von Freude, Selbstbewusstsein, Kontrolle.

 

Und ich sage dir eins: Ein Wettkampf ist nochmal eine ganz andere Liga.

 

Wir lernen uns selber kennen, wenn wir kämpfen. Ich kann's nicht besser beschreiben. Wenn du über dich hinauswachsen kannst und Dinge wagst, die dich aus deiner Komfortzone katapultieren kann dich das enorm weiterbringen in deiner geistigen Entwicklung. Jedenfalls sehe ich das so. Hinterlasse mir gerne deine Ideen in den Comments.

 

Ich will übrigens nichts sagen, dass du kämpfen musst. Du bist nicht mehr oder weniger Kampfsportler*in ob du kämpfst oder nicht.

 

Was ich sagen will ist folgendes: Wenn du unbedingt in den Ring willst, tue es. Auch wenn du schon "etwas älter" bist. Denn am Ende geht es ja auch vor Allem um eine zentrale Frage: Was ist dein Ziel?

 

Sind wir ehrlich, du wirst mit 30-ig keine Profikarriere mehr starten. Also wahrscheinlich nicht. Und wenn du schon aktiv im Ring warst macht es Sinn sich zu überlegen wann es Zeit ist, aufzuhören.

 

Wenn du aber in den Ring steigen willst, weil du diese Erfahrung unbedingt noch ein, zwei, dreimal machen willst, dann tu es. Solange du es noch kannst.

 

Denn diese Erfahrung kann dir niemand mehr wegnehmen.

 

 

Es ist nie zu spät

 

Warte nicht darauf, zu handeln. Besonders wenn du denkst, du seist bald "zu alt". Folge deinem Wunsch, der beste Zeitpunkt ist so bald wie möglich. Weil nachher darfst du nicht mehr.

 

Meiner Meinung nach gibt es kaum eine schlimmere Vorstellung älter zu werden und sich gewünscht zu haben, man hätte dies oder jenes getan. Du bereust tendenziell eher, was du nicht getan hast als das, was du getan hast.

 

Zum Schluss lass mich noch sagen, ich bin in keinster Weise ein Profi, was das angeht. Dies sind nur meine Erfahrungen. Ich hatte einen Kampf bei der WAKO, danach mehrere kleinere "Sparring-Kampf-Veranstaltungen". Leider hatte ich bei meinem nächsten Kampf vor Ort keine Gegnerin und beim letzten Mal vorbereiten riss mein Kreuzband 6 Wochen vor dem Wettkampf. Mal sehen, was noch wird. Ich werde im 2024 40-ig Jahre alt.

 

Ich bin froh, dass es für mich jedenfalls schon mal geklappt hat und würde es bereuen, hätte ich es nicht getan.

 

Also wenn du in den Ring willst, warte nicht zu lange.

Go for it.

Fight for it.

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